Donnerstag, 16. Januar 2014

Varanasi - City of no return


Um den Titel mal gleich aufzuklären: Wir sitzen in Varanasi fest, denn unser Zug hat (Trommelwirbel)… 21 Stunden Verspätung. Willkommen bei den indischen Bahn :-D Patrick verbringt den Tag nur mit Fluchgesängen auf unseren Zug, dabei können wir eigentlich froh sein dass genau dieser Zug jetzt solche Späßchen macht, immerhin haben wir in unserer nächsten Station immer noch 4 Tage um die Gegend zu erkunden, also ein bisschen Puffer. Da hätte es echt schlimmer kommen können. Nervig ist es allemal, zumindest unsere Hotelfiffis sind todesverwirrt wesshalb wir einchecken, auschecken um dann wieder ein und auszuchecken…
Treppen zum Ganges mit Bettlern
Aber jetzt mal zu Varanasi. Unser Hotel Ganesha ist ein buntes, sehr sauberes Haus im Süden von Varanasi, damit hatten wir also schon mal Glück (ca 10 Euro pro Doppelzimmer is auch nicht sooo günstig). Am ersten Tag gab es gleich Frühstück auf unserem Dachterrassenrestaurant, bei dem wir gleich einen 50 jährigen Ammi namens Greg kennen lernten, der einen kleinen Israeli namens Moriel im Schlepptau hatte. Die beiden wollten genauso wie wir mit einem Boot auf dem Ganges schippern und sie die Ghats, die Treppen mit den Tempeln etc die zum Ganges führen angucken, also haben wir uns zu einer kleinen Reisegruppe zusammen getan. War auf jeden Fall eine kluge Entscheidung, denn Greg hatte ziemlich Ahnung von den Plätzen und hat für uns den Führer gespielt :-)
Nebeliges Varanasi

Ein Ghat

Buntes Getümmel und ich
Das erste was man von Varanasi mitbekommt sind die Bettler. Da Varanasi mit dem heiligen Ganges anscheinend ein Pilgerort für die Hindus ist und die dann glaubensbedingte Almosen in Form von Reis an die Bettler ausgeben, ist der ganze Platz voll von Kindern mit verfilzten Haaren, aufgeschürften Gesichtern oder fehlenden Gliedmaßen, genauso wie von alten Menschen und wie immer unzähligen Frauen mit noch mehr Babies im Arm. Alle haben Silberschüsseln mit etwas Reis drin, die sie einem entgegenstrecken.

Heilige Waschungen
Ein neues Boot wird geteert
Shiva als Gott des Tanzes tippe ich
Mata Ganga 
Der Nebel lichtet sich nur langsam, als wir vom Süden der Stadt den Ganges hochlaufen und Varanasi zeigt sich wieder unglaublich indisch: Gurus, spirituelle Führer mit weiß bemalten Gesichtern, langen Bärten und orangen Klamotten laufen rum, Kühe, Hunde, Affen und Ziegen wo man nur hinschaut, Blumenketten als Opfergabe liegen in der Gegend rum und werden verkauft an den bunt bemalten Treppen zum Fluss. 500 Bakterien pro Liter darf Wasser haben damit es als „zum Schwimmen noch sicher geeignet“ gilt. Der Ganges hat 1,5 Millionen (!!!!) Bakterien pro Liter. Genau genommen gibt es im Ganges stellen, an denen sich kein Sauerstoff mehr im Wasser befindet und durch die Unmengen von Abwasser, Fäkalien von Mensch und Tier, Leichen, die hier bestattet werden, Chemikalien und Müll wird der Fluss auch nicht besser. Trotzdem ist der Ganges (eigentlich müsste es DIE Ganges heißen, schließlich ist Ganga als Fluss die personifizierte Göttin, die damals vom Universum/Himmel gefallen, von Shiva’s Haaren aufgefangen wurde und somit auf die Erde gelangen konnte ohne diese zu zerschmettern. Wenn ich das richtig verstanden habe...), ein heiliger Fluss im Hinduismus, der die Sünden wegwäscht und es somit deutlich einfacher macht im nächsten Leben ein besseres Karma zu haben. Bei den Versprechungen trotzdem viele Hindus der Kälte und der Seuchengefährdung und baden, schwimmen und trinken teilweise vom Ganges. An vielen Ghats sieht man die sonst so zugeknöpften Inder halbnackt, Männer wie Frauen, wie sie sich zitternd im Ganges waschen. Während wir an den Stufen zum Ganges langlaufen wollen natürliche viele Typen uns mit dem Boot rumfahren, teilweise für unglaublich unverschämte Preise. In Indien gilt mal wieder: Bloß vorher informieren, wie viel Sachen wirklich kosten sollten. Wir winken ab und sehen auf einmal von weitem eine verrückte Ziege Bocksprünge machen auf den Treppen und auf uns zurasen. Wie ein Hund springt sie na uns hoch und boxt uns –aber eher spielerisch- mit dem Kopf. Wir brechen alle vier in Lachen aus, aber die Ziege lässt sich nicht irritieren, springt erst an Patrick hoch, dann an mir, versucht meinen Schal aufzuessen und teilt Kopfnüsse aus. Kichernd bringen wir uns in Sicherheit, so ein verrücktes Vieh…

Aaaaahh!
Da spastet sie auf uns zu
Und sucht meine Nähe
Auch Bestattungen gibt es in Varanasi, und davon nicht zu wenige. Die glücklichen, die sich die 5000 Rs (ca 70 Euro) für das spezielle Holz leisten können, werden bei dem offiziellen Bestattungsghat mit Blumen und goldenen Tüchern verbrannt und die Asche dann in den Ganges gestreut. Die nicht ganz so wohlhabenden werden einfach so reingeworfen. Dass Menschen am Ufer des Ganges verbrannt werden fand ich ehrlich gesagt überhaupt nicht schlimm und auch die Toten auf den Holzstapeln brennen zu sehen war kein verstörendes Bild, ganz im Gegenteil, das wirkte schon irgendwie richtig so. Was mich wirklich erschreckt hat war die Masse an Leichen die verbrannt wurden. Das wirkte schon fast wie eine Fließbandbestattung, eine Leiche in den Ganges tauchen, rausholen, neue Leiche anzünden, nächste herbringen lassen, letzte wegschaffen, und so weiter. Auch der Schmutz und die vielen Tiere die sich an dem Ghat gesammelt hatten empfanden wir als unpassend oder unwürdig. Man muss fairerweise sagen, dass Tiere im Hinduismus eine andere Rolle spielen und zumindest in der Religion einen hohen Stellenwert haben. Ob es deshalb keinen stört? Und der Müll? Keine Ahnung… Man sollte meinen, dass Sachen die einem heilig sind auch gepflegt werden. Ich stelle mir Dreck und Müll und Tiere in einer Kirche vor….

Bestattungen am Ganges
Von den Bestattungsghats machen wir dann noch eine Bootsfahrt als wir einen Bootsfahrer gefunden haben der nicht von jedem 5 Euro verlangt sondern 4 Euro von uns allen zusammen für eine Stunde Boot fahren auf dem Ganges. Greg kauft eine Opfergaben Kerze mit Blumen, die man auf den Ganges schicken kann und als wir im Boot sind nimmt jeder von uns sie in die Hand, wünscht sich etwas und gibt sie weiter, bis Greg sie dann auf den Fluss schickt. Wir dürfen von hier auch Fotos von den Bestattungen machen (weit genug weg) und unser Bootsmann fährt uns nochmal rauf und runter. Ein Boot vollgestopft mit indischen Touristen kommt näher und alle starren wieder begeistert, als Greg plötzlich aufspringt und in unserem kleinen, schaukelndem Boot Bollywoodtänze nachmacht. Ein paar Inder starren mit offenem Mund, andere kichern, ich verstecke mich unter meinem Schal. Wir sprechen über unsere Länder, Moriel erzählt über Jerusalem, seine Heimatstadt, über die israelische Armee und wieder einmal denke ich etwas betreten was für ein Paradies Deutschland doch ist…

Greg mit der Opfergabe
Moriel und ich
Patrick bei unserer Bootstour


Man muss sagen, dass der Charme von Varanasi um diese Jahreszeit wirklich getrübt ist, der verdammte Nebel dämpft die Farben und von der Sonne ist meistens nicht mal die ungefähre Richtung ausmachen. Man kann erahnen was für ein bunter, verrückter Ort Varanasi im Sommer ist, und wieder einmal haben wir dank Nebenfront keine Chance einen Sonnenaufgang oder Untergang zu betrachten und das Licht am Ganges zu sehen, von dem alle schwärmen. Trotzdem ist es eine echt interessante Stadt und als wir zum Essen in ein Restaurant einkehren bin ich froh, dass wir dieses ganz typische Stück Indien auf eigene Faust erkunden konnten.


So hoch kann der Ganges steigen
Der Hund ist neugierig...
...und spielt schon mal "Holi" (Fest bei denen sich Inder mit Farbpulver bewerfen)


Jetzt heißt es uns noch etwas in Geduld zu üben und mit viel Glück Varanasi zu entfliehen (noch müssen wir allerdings noch in dem kalten Norden ausharren bis wir wieder schön aufgewärmt werden…) Drückt uns die Daumen, dass unser 21 Stunden verspätete Zug dann auch wenigstens wirklich kommt!
Und wo es dann als Nächstes hingeht könnt ihr wie immer Raten ;-) :

Bilderrätsel

Ganz Liebe Grüße,
Teresa (und Patrick) 

1 Kommentar:

  1. Mein Tipp: Darjeeling?!? Sollte ich richtig liegen, bringt mir ein paar Gramm mit. ;-). Übrigens, tolle Bilder! Danke :-)
    Liebe Grüße von Karen

    AntwortenLöschen