Donnerstag, 17. Oktober 2013

Mumbai, 04.30 - Die Frisur sitzt

Oder auch nicht.
Nach 9 Stunden Zeit plus 3 Stunden Aufenthalt muss ja auch nix mehr sitzen, wobei ich zumindest am Anfang wirklich Glück hatte mit dem Flug. Fensterplatz dank Online-check-in und dann sitzen auf den beiden anderen Plätzen neben mir nicht mal Leute. Also habe ich schön 3 Plätze frei um mich auszustrecken und noch ein bisschen Schlaf nachzuholen. Istanbul ist dann auch alles ganz easy ausgeschildert und ich verbringe den Rest der Zeit dmit bei einem schlechten KFC Abklatsch namens Popeyes zu hocken oder mich bei dem Victorias Secret Laden mit einem der unzähligen Bodysprays einzudieseln. Hält vielleicht meine Sitznachbarn im nächsten Flug davon ab mir auf dir Pelle zur rücken… Falsch gedacht. Nachdem eine indische Mutter mit Kind sich neben mich setzen, und mich ganz lieb fragen ob ich mit dem Vater der Familie Gänseklein tauschen möchte, wechsel ich den Platz. Ein fülliger Inder steckt mir beim schlafen dauernd seine Ellenbogen in die Seite, aber irgendwie vergehen dann auch 6 Stunden.

Und dann sehe ich nach der Gepäckausgabe Patrick und die Sonne geht auf! Nach zwei Wochen jammern und skypen sind wir eeeeendlich da wo wir sein wollen: Zusammen in Mumbai.
Der Taxifahrer fährt uns dann auch gleich nach Andheri West zu unserer Wohnung, natürlich nicht ohne dass drei Leute des Unternehmens noch extra Trinkgeld fürs Herumstehen haben wollen. „Just Coins!“ Allerdings dann auch keine indischen Münzen. „European Coins!“ Patrick und ich stellen uns stur und schütteln die anderen ab.

So richtig schocken tut Mumbai mich, vielen Dank an Padang, nicht. Die Müllhaufen mit den Ziegen, die Wellblechhäuser und die ungepflasterten Straßen zwischendurch kommen mir da irgendwie bekannt vor. Ganz im Gegenteil, ich bin positiv überrascht wie wenig Aufmerksamkeit man mir schenkt, oder eher wie schön dass sich die Aufmerksamkeit aufs Gaffen beschränkt hier und da und nicht aufs konsequente Anschreien.

Gestern bin ich schon mit Patrick durch eine kleine Shoppingmall geschlürt. (Witziger Fact: Anscheinend wird man vor dem Betreten jeder Mall gefilzt und durch einen Detektor geschickt und dann – sehr politisch korrekt- von einem Vertreter des eigenen Geschlechts, bei Frauen sogar in einem provisorischen Zelt-ding – nochmal mit diesem elektronischen Teil nach Metallgegenständigen abgesucht. Lustig ist, dass erst  mal der Detektor bei jeder Person Alarm schlägt und dann auch noch das manuelle Suchgerät dauernd piept aber man dann doch weitergewunken wird. Finde den Sinn….) Da haben wir dann auch gleich eine Kleinigkeit gegessen, ein indisches Reisgericht. Während Patrick munter drauf los futtert, frage ich mich was mich an dem Geschmack nervt, außerdem ist das indische „scharf“ nochmal ein ganz anderes Thema für sich….Irgendwann ruft Patrick: „Was macht der Baum in meinem Essen!“ und wirft ein schwarzes längliches Stück Holz aus seinem Futter. Ich prokel natürlich gleich dran rum und  erkenne was so komisch schmeckt. Der schwarze Baum entpuppt sich aus dunkelbraune Zimtstange, zumindest als Teil davon. Ernsthaft, wie kann man so viel Zimt in ein Zwiebel-Reis-Hühnchen-Gericht kloppen?


Abends gehen wir dann ins Kino mit unserem Nachbarn und einem weiteren Arbeitskollegen von CouponDunia, der Film ist natürlich auf Englisch. Gravity, mit Sandra Bullok und Goerge Clooney. Kostet hier übrigens keine 2 Euro der Eintritt, hehe. Ist auf jeden Fall was für Leute die Cast-away gut fanden. Das Highlight war definitiv, dass wir alle aufstehen mussten bevor der Film begann, weil die indische Nationalhymne gespielt wurde. Wir starren also gefühlte 10 Minuten auf die wehende, indische Flagge vor einem blauen Himmelhintergrund mit ein paar Wolken die vorbeiziehen. Ich beherrsche mich, nicht den Obelix zu machen danach. Die Spinnen, die…

Und dann geht es zurück zu unserer Wohnung. Ich lerne noch schnell die Mädels kennen die bei uns wohnen, beide stehen rauchend im Flur und zumindest eine will noch durch die Nacht ziehen und Party machen. Mumbai klappt nicht so wie Padang die Bürgersteige hoch, trotzdem muss ich ganz oft an das Praktikum denken. Padang war dann doch einfach eine geniale Erfahrung…


Wir schnappen uns ein Bier und fahren in den 17 Stock hoch, da wo die Shoppingmall in der wir wohnen, nicht ganz zu Ende gebaut wurde. Patrick sagt ich soll die Augen zumachen und führt mich dann zur Brüstung von dem großen offenen Fenster. Und dann liegt da quasi die ganze Stadt wie ein Sternenhimmel vor einem. Alles leuchtet, man hört noch bis hierhin das Gehupe. Ein atemberaubender Anblick. Wir trinken unser Bier und schauen uns alles an, hier liegen wirklich die exklusiven Banken und Bürogebäude neben kleinen Wellblechslums.  Ich falle vielleicht nicht mehr aus allen Wolken, aber ich kann auch nicht so abgebrüht die ganzen Familien vergessen, die da unten neben unserer Shoppingmall schlafen. Die wohl gerne im Slum leben würden, da haben die ja wenigstens Hütten. Patricks Arbeitskollege meinte, als er das erste mal Mumbai sah, kam ihm das alles nicht real vor. Ich schätze für die Menschen hier, ist unser Leben Zuhause auch nicht real.

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