Montag, 23. Dezember 2013

Schon mal für Morgen: Merry Christmas!

Hallo ihr Lieben!
Nochmal nachträglich froher 4. Advent euch allen! Ich kann kaum glauben, dass morgen schon Heilig Abend ist!!! (Wie auch bei dem Wetter? Die Inder tragen zwar häufiger Pullis weil es ja jetzt „Winter“ ist, allerdings ändert das nach wie vor nichts an der Durchschnittstemperatur von 30°)

Ich hatte Donnerstag mein Schulmusical und Freitag mein letzten Tag an der DSB International School… Aber fangen wir mal mit Donnerstag an.

Die Kinder waren einfach riiiiichtig super. Natürlich fiebert man ganz anders mit, wenn man bei jeder Probe danebengesessen hat und langsam die Passagen auswendig kann, die immer und immer wieder haken. Meine Kollegin Tanja und ich haben uns abgewechselt damit Souffleuse zu sein und saßen (wie alle Lehrer) ganz in schwarz gekleidet vor der Bühne, um nicht so doll aufzufallen. In dem Stück finden die 4 Kinder aus der 5./6. Klasse beim Verstecken spielen einen magischen Regenschirm, der sie in andere Länder bringt in denen sie jedes Mal etwas über die Kultur und etwas über den Wert von Familie, gemeinsamen Zusammenarbeiten, Teilen etc lernen. Dafür fliegen sie mit dem „Magic Umbrella“ (so heißt übrigens das Stück) nach Indien, China, Brasilien, Japan, die Türkei und wieder zurück und sehen viele Tänze, Paraden und Bräuche, die dann von den anderen Klassen vorbereitet wurden.

Die Kostüme, Bühne und Beleuchtung waren natürlich erste Klasse, wie man das von einer Privatschule nicht anders erwarten würde. Was mich bei der Generalprobe ein bisschen sauer gemacht hat, war das Make-up. Ich weiß ich klinge da jetzt vielleicht ein bisschen spießig, aber ich finde Kinder in der 5. Klasse müssen einfach nicht mit Kajal, fettem roten Lippenstift, Rouge und Foundation zugespachtelt werden, mir vollkommen egal, dass es auf der Bühne nur noch halb so grotesk wirkt wie wenn das Kind 2 Meter vor mir steht. Besonders die Jungs sahen ganz klar nach Rocky Horror Picture Show aus und ich zweifle auch das an, was die Inder hier unter schönem Make-up verstehen. (Wie formulierte das Désiree Nick nochmal? Bauernmalerei.) Besonders sauer wurde ich dann, als man mit der natürlich hellbeigen Foundation einen kleinen dunkelhäutigen Jungen zukleisterte und habe auch laut protestiert. Man hat mir zwar gesagt ich hab keine Ahnung, aber dass er beim nächsten Mal kaum was von dem Zeug im Gesicht hatte, hat mich dann doch ein bisschen bestätigt. Die einzige, der ich mein Make up aufs Gesichtchen getupft habe war eine der Hauptdarstellerinnen, die just in time natürlich einen Herpes bekommen hat. Armes Hässchen. Aber man hat es auf der Bühne dann wirklich gar nicht mehr gesehen.

Als das Musical vorbei war, war ich natürlich mega stolz und auch ein bisschen traurig, dass es jetzt vorbei sein sollte…. Man hat sich dann doch irgendwie viel mit beschäftigt und mitgefiebert und plötzlich ist alles vorbei. Den Kindern fällt es oft so schwer stolz auf ihre Leistungen zu sein, also hoffe ich dass das ganze Lob von den Lehrern und mir wirklich angekommen ist.

Am Freitag war dann der letzte Tag. Und auf einmal sind 2 Monate wie im Flug vergangen. Meine Kollegin Sabine kommt rein und bereitet mir ein wunderschönes Weihnachtsgeschenk. Sie hat Stollen aus einer indischen Weihnachtsbäckerei für mich gekauft und Schmuck! Irgendwie hat sie das Meisterwerk fertig gebracht in Indien schönen dezenten Schmuck zu finden und schenkt mir eine Perlenkette und passende Ohrringe dazu zu Weihnachten! Überall verteilt sie noch Kärtchen und Schokolade und summt Weihnachtslieder und ich glaube in dem Moment hab ich mich so gefühlt als wäre ich kurz in Deutschland und schmücke unseren Tannenbaum, während ich Eierlikör trinke, Weihnachtsrock’nroll-musik höre und es draußen schneit J

Sabines schönen Perlen
Die Kinder bringen Kuchen mit, es werden schon die ersten traurigen Gesichter auf dem Flur gesehen, da es zumindest für 3 meiner Schüler der letzte Schultag ist, denn für die Familie geht es zurück nach Deutschland. Andere wissen schon, dass sie bald in ein anderes Land ziehen mit ihren Eltern, die DSB ist so häufig nur eine Durchgangsstation für Kinder, deren Eltern immer wieder das Fernweh oder neue Jobchancen ruft. Gerade die Kleinen sind mega süß und verabschieden sich ganz lieb von mir, die Mädchen werfen sich in meinen Arm, Jungs sind da ja cooler. Und dann gehen wir alle rüber zur Schulversammlung in das Grundschulgebäude, in unseren kleinen Schulhofgarten, lauschen den kleinen Abschiedsreden unserer beiden Schulleiter und singen Weihnachtslieder bis der Strom ausfällt. Danach wird’s halt Acapella. Man werde ich das alles vermissen, diese wunderschöne Parallelwelt der DSB, in der Kinder genauso aufwachsen, wie man sich das immer wünschen würde. Bunt gemischt, schwarz und weiß und hellbraun und alle Stufen dazwischen, aus allen Nationen, in der kulturelle Vielfalt kein abstraktes Geschwafel ist, sondern Alltag. In der oft ein wildes Kauderwelsch aus Englisch und Deutsch gesprochen wird genauso wie ich das in meinem Kopf denke. In der Kinder so viel ausprobieren können und so viel individuelle Förderung bekommen. Manchmal möchte ich nicht gerne wieder raus in die Realität….

Und auf einmal höre ich Ferdi unseren Schulleiter auf Englisch weiterreden: „Ganz besonders bedanken möchte ich mich noch einmal bei einer Person. Sie ist Mitte/Ende Oktober hier aufgetaucht…“ Und ich weiß plötzlich, er redet über mich. Es kommt mir vor, als ob es etwas stiller wird, und ich, die ich ja mal sonst überhaupt nicht Bühnenscheu bin, hat plötzlich einen Kloß im Hals. Er erzählt davon, wie diese Person ihm gegenübersaß und ihm gesagt hat, dass sie kein Geld will, sondern einfach mithelfen und mitarbeiten möchte, weil sie nix zu tun hat. Eltern und Kinder lachen ein bisschen, ich muss auch lachen. Wie aufgeregt ich war mit meinem geflochtenem Zopf und meinem braven Pünktchenkleid und so gehofft habe, dass ich diesen Job bekomme, weil ich einfach nicht mehr in der Wohnung in Andheri rumhocken wollte nach meinem geplatzen Praktikum. Wie verwirrt Ferdi war. Er lobt mich wieder viel zu sehr über den Klee über Motivation und Engagement, während ich bei vielen Dingen meistens nur rumgesessen hab und gehofft habe, dass ich keinen nerve und drückt mir eine Box Pralinen in die Hand, während alles um mich herum laut klatscht. Ich bedanke mich und gehe schnell wieder weg, denn jetzt kann ich mal wieder meine Tränen nicht zurückhalten und ich merke es laufen. Als eine kleine Schülerin von mir mich dann auch ganz traurig anguckt von der Bühne und bald darauf auf mich zueilt und mich umarmt und mir sagt ich soll nicht weinen, sondern am besten einfach wiederkommen, geht gar nix mehr. Ich muss erst mal für 5 Minuten um die Ecke des Schulgebäudes wo wir Gartenstühle etc aufbewahren versuche hysterisches Geheule zu unterdrücken und mich wieder zu fassen.

Geschenke von der DSB und meiner Kollegin:
Terminplaner, Stollen und Fotos der Klasse (Standbilder zum Buch)
Ich weiß, dass ein Großteil meiner Freunde und vielleicht auch Verwandten nicht verstehen können weshalb ich Lehrerin werden möchte. Und ich kenne wirklich alle dummen Witze und Vorurteile auswendig darüber. Aber ich wette niemand davon hat jemals 2 Monate irgendwo gearbeitet und musste in Tränen ausbrechen, weil sein Praktikum zu Ende ist. Und deswegen habe ich den besten Job auf der Welt.

Als ich mich wieder beruhigt hatte, haben mich die Schüler noch häufig auf die harte Probe gestellt mich zusammenzureißen. Wenn eine kleine Schülerin von mir sagt, dass wenn ich wiederkomme wir dann ja vielleicht den ganzen Freitag bei mir Englisch machen könnten bin ich wieder kurz davor. Es ist so schön zu sehen, dass man jemandem mehr als nur etwas beigebracht hat, sondern auch ein bisschen Spaß vermitteln konnte…

Nach der Schule gehen alle Lehrer fancy Essen in Südmumbai, im Touriviertel Colaba, auf Kosten der Schule versteht sich. Super lecker und unbezahlbar in meinem normalen Alltag. Naja.  Am Freitag falle ich total erschöpft ins Bett. Erschöpft vom langen Tag, von all den Gefühlen, vom vielen Abschied nehmen, vom mich bedanken. Die DSB denkt, sie müssten sich bei mir bedanken. Dabei bin eigentlich ich es die sich bedanken muss, denn anstatt einem schrecklich tristen Leben in unserer kleinen Wohnung in Andheri hatte ich eine wundervolle Zeit mit meinem Praktikum J

Samstag wurde sich dann erst mal ausgeruht und Sonntag haben wir noch ganz viel Sachen geshoppt auf dem Markt in Lokandwala und sind dann in den Breach Candy Club gefahren, in den Tanja und Scott, beides Kollegen aus der DSB uns netterweise eingeladen haben. Da kommt man nämlich sonst nur als Mitglied rein. Wir sind im Pool geschwommen, haben lecker gegessen und uns die Meeresluft um die Nase wehen lassen. Wie entspannend Mumbai sein kann… Der Tag tat richtig gut und wir haben ihn völlig genossen und später im Hard Rock Café noch mit einem Bierchen schön ausklingen lassen…

So, hab ich euch genug zugetextet. Ich wünsche allen, die es bis hierhin geschafft haben wunderschöne Weihnachten und ein frohes Fest! Wir vermissen so viele von euch und hoffen ganz viel von der guten Stimmung die ihr jetzt bestimmt alle habt nachholen zu können mit euch, wenn auch wahrscheinlich eher mit Bierchen als mit Glühwein! Patrick und ich werden ab morgen in unserem Hotel sein und uns mit Klimaanlage und echten Matratzen verwöhnen lassen und mit Freunden und Nachbarn zusammen im Wild Side Café Rouladen etc essen an Heilig Abend. Denn das haben wir ja von unserem Schulmusical gelernt: Man braucht nicht unbedingt Schnee und Geschenke für ein schönes Weihnachten. Mit gutem Essen, netten Leuten und jemandem den man liebt haben Patrick und ich wahrscheinlich ein schöneres Weihnachtsfest als viele andere und daran versuche ich mich zu erinnern, falls ich doch mal wieder anfange zu nörgeln weil ich keine Feuerzangenbowle kriege und meine Familie nicht bei mir ist.

Hatten gestern ganz vorbildlich alle brennen ;-)

Frohe Weihnachten wünschen
Teresa und Patrick


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